Forschungsprojekt: Die Auslandsreisen Petra Kellys
Forschungsschwerpunkt und Team
Das Projekt soll die Machbarkeit einer digitalen Edition von Unterlagen zu den internationalen Reisen Petra Kellys zwischen 1983 und 1990 untersuchen.
Petra Kelly (1947 – 1992) war eine weltweit bekannte Friedensaktivistin und Mitbegründerin der Grünen. Als charismatische Rednerin und wegen ihrer Präsenz in den Medien haben Zeitzeugen wie Wissenschaftler:innen ihre Rolle betont und sie etwa als „Heilige Johanna des Atomzeitalters“ (Radkau) oder „erste Galionsfigur der Grünen“ (Richter) bezeichnet. Als solche stand sie im Zentrum eines Wandels der politischen Kultur und demokratischen Partizipation in der Bundesrepublik.
Im Ausland galt Petra Kelly sogar als eine der bedeutendsten dt. Politikerinnen überhaupt. In den USA war sie zeitweise bekannter als Bundeskanzler Kohl. Die britische Zeitung Guardian nannte sie nach Margaret Thatcher die „zweitmächtigste Frau Europas“. Diese Wahrnehmung Kellys macht deutlich, wie wichtig ausländische Beobachter:innen den Wandel der deutschen politischen Kultur Anfang der 1980er Jahre fanden, und mit welcher Aufmerksamkeit sie diesen verfolgten.
Zu Kellys internationale Profil trugen ihre häufigen Auslandsaufenthalte wesentlich bei. Mit mehr als 80 Reisen in den Ländern Westeuropas, Nordamerikas und Ozeaniens war Kelly eines der wichtigsten Bindeglieder zwischen den Friedensbewegungen und den grünen Parteien der gesamten „westlichen Welt“. Als Abgeordnete und Friedensaktivistin zugleich fand Petra Kelly während etwa 20 Reisen in die DDR und andere Länder des Ostblocks Zugang sowohl zu Regierungsvertretern als auch zu Dissident:innen. Fünf Reisen in den „globalen Süden“ zeigten die Bedeutung der Befreiungskämpfe, vor allem in Südafrika und Tibet, für die alternative Politik in der BRD. Insgesamt bilden die Unterlagen zu Kellys Reisen in mehr als 25 Länder auf fünf Kontinenten eine einzigartige Quelle des transnationalen Austauschs in den 1980er Jahren.
Die breit dokumentierten Reisen finden sich vor allem in dem umfangreichen Nachlass, der im Archiv Grünes Gedächtnis der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin aufbewahrt wird. Er umfasst 150 laufende Meter Archivgut und ist der meistgenutzte Bestand des Archivs. Die Erschließung einer Auswahl dieser Unterlagen als digitale Quellenedition eröffnet eine neue, transnationale Perspektive auf den politischen Wandel der 1980er Jahre, die neue Erkenntnisse sowohl über die Bedeutung ausländischer Entwicklungen für die deutsche Geschichte als auch über die Rolle Deutschlands in der Welt ermöglicht.
Prof. Dr. Kiran Klaus Patel
Dr. Stephen Milder
KURZVITA
Stephen Milder ist Zeithistoriker mit den Forschungsschwerpunkten Umweltgeschichte, Geschichte sozialer Bewegungen, und Demokratiegeschichte. Nach seiner Promotion an der University of North Carolina (2012), arbeitete er als Visiting Assistant Professor an der Duke University und als Assistant Professor an der Rijksuniversiteit Groningen. Im Jahr 2014 war er Mellon Postdoctoral Fellow an der Rutgers University und von 2020 bis 2024 war er Research Fellow am Rachel Carson Center in München. Er ist Autor der Monographie Greening Democracy: The Anti-Nuclear Movement in West Germany and Beyond (Cambridge 2017).